Innovationspreise 2022: AVK ehrt herausragende Preisträger | 30.11.2022

Die AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe hat 2022 wieder die begehrten und hoch anerkannten Innovationspreise an Unternehmen, Institute und deren Partner vergeben. Jeweils drei Composites-Innovationen aus den drei Kategorien „Produkte und Anwendungen“, „Prozesse und Verfahren“ sowie „Forschung und Wissenschaft“ wurden dabei während des JEC Forum DACH am 29. November 2022 in Augsburg ausgezeichnet. Eine Fachjury, besetzt mit Ingenieuren, Wissenschaftlern und Fachjournalisten, hat die Preise für 2022 in drei Kategorien verliehen.

Kategorie Produkte und Anwendungen

Den 1. Platz in der Kategorie „Innovative Produkte und Anwendungen“ erhielt die LAMILUX Composites GmbH mit Lamilux Sunsation®. LAMILUX SUNSATION® ist eine UV-beständige GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff)-Deckschicht, z. B. für Wohnmobile. Die neuartige Gelcoat-Technologie bietet eine bis zu 20-fach bessere UV-Beständigkeit für Außenanwendungen. Sie ist dadurch viel langlebiger, benötigt weniger Pflege und erhöht dadurch u. a. den Wiederverkaufswert. Lamilux legt bei der Herstellung großen Wert darauf, dass rohstoff- und energieeffizient sowie umweltschonend produziert wird.
CL-RESTRAP, Verstärkungen von Betonträgern mittels biegeweicher, vorgespannter CFK-Schlaufen der Firma Carbo-Link AG kam auf den 2. Platz. Um im Bauwesen Betonträger wirkungsvoll auf Schub zu verstärken, also den Versagensmechanismus des Systems von einem spröden Schubbruchversagen auf ein duktiles Biegeversagen zu verschieben, muss ein "aktives" System eingesetzt werden. Aktiv heisst hierbei, dass der gesamte Träger von einem Zuggurt umschlungen und vorgespannt werden muss. Hierzu wurde das System CL-RESTRAP entwickelt, welches aus einer Anzahl sehr dünner, unidirektionaler CFK-Tapes besteht, die biegeweich um enge Radien geführt und wie ein Spanngurt um die Betonstruktur gezurrt werden können. Das Material CFK ist hierfür hervorragend geeignet, da bei Wahl der richtigen Faser eine sehr kleine Steifigkeit bei hoher Festigkeit möglich ist. Hierdurch erhält man einen sehr hohen Vorspannungsweg, der bewirkt, dass die Reduktion der Vorspannung durch Kriechen des Betons vernachlässigbar klein wird.
Den 3. Platz erreichte die Johann Borgers GmbH mit ihren drei Blue-Label-Produkten. Unter der Marke „blue Label by Borgers®“ entwickelt die Firma extrem nachhaltige Prozesse, Technologien und Produkte will dadurch ihren Kunden aktiven Umweltschutz ermöglichen. Zum einen handelt es dabei um eine textile Radlaufschale, die vollständig aus Ocean Plastic hergestellt wird. Als zweites Produkt geht es um Monomaterial. Die Firma Borgers hat damit Kofferraumverkleidungsteile entwickelt, die es den OEMs ermöglichen sollen, ein „Circular Car“, also ein kreislauffähiges Auto zu verwirklichen. Das dritte Produkt ist ein Feinstaubabsorber, der in eine Radlaufschale eingearbeitet werden kann, um so den Feinstaub durch Reifenabrieb, Bremsstaub und den Feinstaub auf der Straße direkt an den Rädern aufzunehmen. Alle Produkte werden abfallfrei produziert und sind vollständig recycelbar.

Kategorie Prozesse und Verfahren

In der Kategorie „Prozesse und Verfahren“ kam die von der Firma BaltiCo GmbH entwickelte Stablegetechnologie als additives Fertigungsverfahren auf den 1. Platz. Diese Stablegetechnik ist ein neuartiges Fertigungsverfahren, das die Einsatzmöglichkeiten von Verbundwerkstoffen in nahezu alle Industriebereiche erweitert. Abweichend von gängigen Verfahren, die überwiegend flächige Strukturen beschreiben, erfolgt hier die Aufspannung räumlich optimierter Verbundwerkstoffgitter zu extrem leistungsfähigen Tragwerken. Das Ablegen der einzelnen Stränge erfolgt mit moderner Robotertechnik und ermöglicht eine hohe und reproduzierbare Qualität bei gleichzeitig sehr hoher Produktivität von über 120 kg/h. Durch die nahezu beliebige Anordnung der Gitterstrukturen lassen sich entsprechende Bauteil perfekt optimieren und ermöglichen einen Extremleichtbau. Die hohe Flexibilität bietet breite Optimierungsmöglichkeiten. Das Verfahren arbeitet nahezu ohne Verbrauchsmaterialien und Hilfsstoffe und soll damit einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Platz 2 errang die Schmidt & Heinzmann GmbH & Co. KG mit „Pole-Position“, einer polarisationsbildgebenden Positionsbestimmung. „Pole Position“ ist ein Kamerasystem, das die Position und Orientierung von Kohlenstofffasern erkennt. Zukünftig soll es beim Zuschnitt und Lagenaufbau in der automatisierten Fertigung von CFK-Bauteilen verwendet werden, denn die Positionierung und Orientierung des Materials beeinflusst die Stabilität des Fertigungsprozesses sowie die Bauteilqualität. Das Kamerasystem macht sich die Polarisierungseigenschaften der Kohlenstofffasern zu Nutze. Für jeden Bildpunkt wird der Polarisierungsgrad gemessen. Eine neu entwickelte Software trennt das entstandene Bild anschließend in polarisierte und unpolarisierte Bereiche. Dadurch kann der Hintergrund ausgeblendet, und die Bauteilkontur gemessen werden. Das neue Verfahren ermöglicht Genauigkeiten von bis zu ± 0,38 mm (herkömmlichen Verfahren ±4 mm). Dies reduziert den Randbeschnitt der Einzellagen um bis zu 85 Prozent. Zusätzlich können nachfolgende Prozessschritte (z.B.: Besäumen) entfallen und dadurch Material, Energie und Investition eingespart werden.
sensXPERT von NETZSCH Process Intelligence GmbH, eine materialdatengetriebene Prozessoptimierung zur Effizienzsteigerung sicherte sich Platz 3. sensXPERT kombiniert in Echtzeit-Materialdaten aus dem Werkzeug mit modernster Software für maschinelles Lernen, um das Materialverhalten zu analysieren. Die Technologie ermöglicht eine kontinuierliche Prozessoptimierung und damit die Steigerung der Produktionseffizienz um bis zu 30 Prozent. Die im Werkzeug integrierten Sensoren bieten Echtzeiteinsicht und Transparenz im Prozess, um auf Materialabweichungen zu reagieren und so Ausschuss vermeiden zu können. Während sensXPERT eine dynamische und adaptive Produktion ermöglicht und damit den Durchsatz maximiert, gewährleistet es eine direkte Qualitätskontrolle im Prozess für jedes einzelne Formteil. Als Herzstück der Fertigungslösungen von sensXPERT integriert ein Edge Device die Hard- und Software für Machine-Learning-Modelle. Diese sind darauf ausgelegt, selbst kleinste Abweichungen von Material- und Prozessparametern zu erfassen. Basierend auf Messdaten, die von hochpräzisen im Werkzeug integrierten Sensoren gesammelt werden, werden intelligente maschinelle Lernalgorithmen angewendet, welche das tatsächliche Materialverhalten auf jeder einzelnen Maschine simulieren, vorhersagen und analysieren. Die Lernmodelle werden mit Schlüsselparametern von Standardmaterialwerten und experimentellen Werten zu Glasübergangstemperatur, Druck und erforderlichem Aushärtungsgrad trainiert. In Abhängigkeit von den im Laufe der Zeit gemessenen Daten werden die Modelle kontinuierlich präzisiert. 

Kategorie Forschung und Wissenschaft

Den 1. Platz in der Kategorie „Forschung und Wissenschaft“ erhielt das Institut für Textilmaschinen und Hochleistungstextilien der TU Dresden für sphärisch gekrümmte Faserkunststoffverbundbauteile aus endkonturnah gefertigten Geweben. Anhand der Entwicklung der Technologie des abzugsfreien Jacquard-Webens sowie des entwickelten technologischen Know-hows ist es möglich, allein durch gezielte Variation der Gewebebindung lokal unterschiedliche Garnlängen in die Gewebestruktur einzuarbeiten. Dadurch lassen sich ohne Drapieren völlig neuartige Gewebe herstellen, insbesondere sphärisch gekrümmte Gewebe, aber auch großformatige Spiralgewebe oder Kurvengewebe. Auf Basis der ermittelten Wirkzusammenhänge zum abzugsfreien Weben, einem Berechnungsprogramm zur Bindungszuweisung und ein Modell zur Ausformung der Gewebestruktur ist es möglich, aus einem CAD-Modell der gewünschten Preform die Fertigungsparameter abzuleiten und die Preform herzustellen. Die Technologie ist auf allen Jacquard-Webmaschinen mit einer Zusatzvorrichtung umsetzbar und die Preformgeometrie wird lediglich durch die Ansteuerung der Jacquardmaschine bestimmt. Die Preformgeometrie kann die volle Arbeitsbreite der Webmaschine einnehmen. Die Technologie wurde anhand der Verstärkungsstruktur einer Federdomaufnahme sowie der Fertigung einer Halbkugel für den Einsatz in Radomantennen validiert.
Auf den 2. Platz kam das Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, Kaiserslautern mit HyKoPerm-Messtechnologien für eine industrierelevante Charakterisierung des textilen Imprägnierverhaltens.
Beim Nasspressen und beim Compression-RTM wird Harz in Dickenrichtung in einen textilen Lagenaufbau gepresst. Dieser wird dadurch kompaktiert, wobei die Gleichzeitigkeit von Harzströmung, Textildeformation und Aushärtung eine robuste Prozessauslegung erschwert. Die HyKoPerm-Messtechnologien reproduzieren den Prozess unter vereinfachten Bedingun-gen aber ohne Verlust der industrienahen Größen. Der Lagenaufbau wird mit definiertem Injektionsdruck (z. B. 150 bar) durchströmt. Dabei überwachen Sensoren alle relevanten Prozessgrößen inklusive der Gesamtkompaktierung und der Verschiebung einzelner Lagen. Eine komplementäre Simulation, gespeist durch die Versuchsdaten, berechnet die exakte Faservolumengehaltsverteilung. Dem Spektrum an Herstellprozessen entsprechend, gibt es eine Niederdruck- (bis 10 bar Injektionsdruck) und eine Hochdruck-Messzelle (bis 200 bar). Die Ergebnisse dienen der Materialauswahl als Input für Prozesssimulationen sowie der Prozessauslegung. 
Platz 3 ging an die Technische Universität München, Lehrstuhl für Carbon Composites für Herstellungsverfahren für einen bauraumangepassten Druckbehälter mit Zugstreben. Die Innovation umfasst einen Fertigungsprozess für bauraumangepasste Drucktanks zur Wasserstoffspeicherung in Brennstoffzellenfahrzeugen (FCEV). Aufgrund ihrer geringen Marktreife sind FCEVs derzeit für Endkunden sehr teuer. Ein Ansatz zur Kostensenkung ist die Nutzung gemeinsamer Fahrzeugarchitekturen für wasserstoff- und batteriebetriebene Fahrzeuge, was zu einem flachen, quaderförmigen Bauraum für das Wasserstoffspeichersystem führt. Da prismatische Strukturen unter Innendruck Biegespannungen ausgesetzt sind, werden Zugstreben im Tankinneren integriert. Die Einbringung dieser Verstärkungen birgt einige Herausforderungen. Die Anbindung der Streben an die Tankwand ist entscheidend, da hier maßgeblich die dem Innendruck entgegenwirkenden Kräfte eingeleitet werden. Der innovative Prozess aus vier Schritten bietet die Möglichkeit, einen CFK (kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff)-Tank mit integrierten Zugstreben unter Nutzung des etablierten Wickelverfahrens zu fertigen. Da die umgeformten Strebenenden in verschiedenen Lagen des CFK-Laminats verankert sind kann eine fasergerechte Lasteinleitung erzielt werden. Der Fokus der Forschung, welche Teil des Projekts Polymers4Hydrogen ist, liegt auf der Prozessoptimierung.
Die Preisträger hatten beim diesjährigen JEC Forum DACH-Event in Augsburg die Gelegenheit ihre Innovationen den Teilnehmern vorzustellen. „Die Jury hat es sich auch in diesem Jahr nicht leicht gemacht und die herausragenden Innovationen bewertet. Am Ende sind es oft nur noch Nuancen, die entscheiden. Alle Preisträger, sind daher Gewinner, denn sie zeigen jedes Jahr aufs Neue, was Composites leisten und welche Möglichkeiten Composites bieten.“ resümierte AVK-Geschäftsführer Dr. Elmar Witten nach der Preisverleihung. Die Ausschreibung für den Innovationspreis 2023 wird bereits im Januar beginnen.

Presserückfragen: Birgit Förster, Tel. +49 69 271077-13, birgit.foerster@avk-tv.de 

Lesen Sie hier die komplette Pressemeldung.

Download (PDF)

Weitere Mitteilungen

AVK-Innovationspreis 2024 - Einreichungen ab sofort möglich  18.01.2024 Erfolgreiche SMCCreate 2023 Design-Konferenz in Prag von der AVK und der SMC BMC Alliance  13.11.2023 AVK-Innovationspreis 2023 - Gewinner stehen fest  24.10.2023 Neues AVK-Seminar zur Prozesssimulation fĂĽr Faserverbund-Kunststoffe  12.09.2023 SMCCreate 2023 – 7.-8. November in Prag - Programm veröffentlicht  10.08.2023 Erfolgreiche Composites-Recycling-Studie erscheint bald auch auf Englisch  02.08.2023 Erfolgreiche Flammschutztagung in Berlin: Flame Retardancy for Composite Applications in the Transport Sector  24.05.2023 Save the Date: SMCCreate 2023 Design-Konferenz – 7.-8. November in Prag  03.05.2023 Der europäische Markt fĂĽr Faserverstärkte Kunststoffe/ Composites 2022  25.04.2023 Flammschutztagung in Berlin: Flame Retardancy for Composite Applications in the Transport Sector  06.03.2023 AVK-Innovationspreis 2023 – Einreichungen ab sofort möglich  09.02.2023 VorankĂĽndigung SMCCreate 2023  27.01.2023 Composites-Recycling-Studie liegt vor  12.01.2023 AVK-Vorstand wiedergewählt  08.12.2022 Innovationspreise 2022: AVK ehrt herausragende Preisträger  30.11.2022 Reaktion auf neue Rahmenbedingungen: Composites United erklärt Beitritt in Composites Germany  29.11.2022 Trauer um Dr. Rudolf Kleinholz  08.07.2022 AVK und SMC-BMC Alliance: Erfolgreiche SMCCreate Design Conference in Antwerpen  06.07.2022 SMCCreate Conference - Vortragsprogramm wird durch Gewinnerin des SMC BMC Design Awards vervollständigt  24.05.2022 Der europäische Markt fĂĽr Faserverstärkte Kunststoffe/Composites 2021  03.05.2022 AVK and SMC-BMC Alliance: SMCCreate 2022 design conference – programme available  28.03.2022 AVK and SMC-BMC Alliance: New date for SMCCreate 2022 design conference and call for paper submissions.  10.02.2022 AVK-Innovationspreis 2022 – Ausschreibung beginnt  28.01.2022 AVK and SMC BMC Alliance launch SMCCreate 2022 Design Conference  29.11.2021